Wie sich höhere Zinsen auf die Geldanlage auswirken Teil 2

Wie sich höhere Zinsen auf die Geldanlage auswirken Teil 2 (Anleihen):

In meinem Blog im Juni hatte ich die Zinsentwicklung in der jüngeren Vergangenheit und die zukünftige Erwartung des Kapitalmarktes betrachtet. Heute möchte ich erläutern, wie sich Zinsveränderungen auf Anleihen auswirken.

Wenn der Anleger eine Anleihe erwirbt, dann wird die Anlagesumme dem Herausgeber des Wertpapiers (Emittent) für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellt. Es gibt also einen festen Rückzahlungstermin. Dabei erhält der Anleger während der Laufzeit Zinsen vom Emittenten. Auch die Zinszahlungstermine bzw. der Zinssatz sind i.d.R. festgelegt. So werden die Zinsen häufig einmal jährlich ausgezahlt. Ein besonderes Merkmal von Anleihen ist, dass sie handelbar sind. Wenn man also in eine Anleihe investiert, dann erwirbt man diese meistens nicht vom Emittenten, sondern kauft sie an der Börse einem Dritten ab. Ebenso kann man die Anleihe dann später auch weiterverkaufen.

Welche Chancen bieten Anleihen und welche Risiken müssen bei der Bewertung beachtet werden?

Viele Faktoren spielen bei der Bewertung von Anleihen eine Rolle. Diese umfassen im Wesentlichen das aktuelle Zinsniveau, die Laufzeit und die Bonität des Herausgebers. Bezüglich der Bonität es ist wichtig zu wissen, dass bei abnehmender Bonität die Verzinsung steigt. Das ist im Prinzip auch logisch: Denn wenn Sie jemandem Geld leihen, dem es wirtschaftlich nicht gut geht, dann wollen Sie sicherlich auch für dieses größere Risiko einen höheren Ertrag erzielen. Die beste Bonität hat beispielsweise die Bundesrepublik Deutschland. Lassen Sie uns deshalb einmal an einem aktuellen Beispiel von Bundesanleihen schauen, wie sie funktionieren und was Sie als Anleger wissen müssen.

Wenn die Anlegerin Anna heute für 10.000 EUR eine Bundesanleihe mit 10-jähriger Laufzeit erwirbt, erhält Anna dafür jedes Jahr 2,6% Zinsen (260 EUR). Wenn die Anleihe nach 10 Jahren dann fällig ist, erhält Anna die 10.000 EUR zurück. Voraussetzung ist, dass die Bundesrepublik dann noch zahlungsfähig ist. Anna weiß also genau, dass sie eine Rendite von 2,6% p.a. erwirtschaftet, wenn sie die Anleihe bis zum Ende hält. Was aber passiert, wenn sich in der Zwischenzeit das Zinsniveau ändert?

Gehen wir einmal davon aus, dass die Zinsen nach einem Jahr um 1% gestiegen sind. Das Zinsniveau liegt dann also bei 3,6% p.a.. Der Anleger Bernd, der dann 10.000 EUR anlegen möchte, erwartet also einen jährlichen Ertrag von 360 EUR. Nun möchte oder muss Anna ihre Anleihe verkaufen und bietet diese Bernd an. Der findet die Anleihe von Anna aber aufgrund der niedrigeren Verzinsung nicht interessant – immerhin erhält er ja 100 EUR weniger pro Jahr als bei vergleichbaren Anleihen. Anna muss ihre Anleihe also mit einem Abschlag anbieten. Dieser beträgt bei einer Restlaufzeit von neun Jahren ca. 900 EUR (9 x 100 EUR). Sie bekommt von den angelegten 10.000 EUR also nur etwa 9.100 EUR zurück (*). Zuzüglich der Zinsen von 260 EUR für das erste Jahr hat sie einen Verlust von 6,4% erzielt. Genau das ist im Jahr 2022 mit Anleihen passiert. Nur, dass die Zinsen noch stärker gestiegen sind. So haben Anleihen mit einer langen Laufzeit im letzten Jahr bis zu 30% an Wert verloren.

Aus dem Grund haben unsere Berater von abacus auch bis vor ein paar Monaten noch von Anleihen abgeraten und diese auch in unseren Kundendepots ausgeschlossen.

Unsere aktuelle Einschätzung im Hinblick auf Anleihen:

Seit Anfang des Jahres hat sich unsere Einschätzung geändert. Denn wie schon im Blog im Juni erläutert, wird aktuell mehrheitlich davon ausgegangen, dass die Zinsen wieder fallen werden. Sollte das Zinsniveau also in 12 Monaten um 1% niedriger liegen, kehrt sich der Effekt aus dem oberen Beispiel um. Da der Zinssatz der Anna-Anleihe dann höher wäre als das Zinsniveau, kann Anna einen Aufschlag beim Verkauf nehmen. So hätte sie dann einen zusätzlichen Gewinn von etwa 900 EUR gemacht (*). Zuzüglich der erhaltenen Zinsen läge ihre Rendite für dieses eine Jahr somit bei 11,6%.

Aus diesem Grund sollten Anleihen (im Fachjargon spricht man auch von Rentenpapieren) wieder in ein gut strukturiertes Depot aufgenommen werden. Der Rentenmarkt aber ist ein hoch komplexes Segment und so einfach wie in unserem Beispiel ist es in der Praxis meistens nicht. Deswegen bieten wir unseren Kunden Rentenfonds mit erfahrenem Fondsmanagement wie z.B. von Fidelity, UBS oder Flossbach von Storch an.

(*) Es handelt sich hierbei um eine vereinfachte modellhafte Rechnung. Tatsächlich ist die mathematisch korrekte Berechnung des Abschlags/Aufschlags aufgrund der Abzinsung der zukünftigen Zinszahlung komplizierter. Die Abweichungen sind aber gering und es geht uns hier um die verständliche Erläuterung des Prinzips.

Wenn Du weitere Fragen zum Thema Geldanlage im Allgemeinen oder Anleihen im Speziellen hast, dann sprich uns gerne an.

Dein Ansprechpartner

Steffen Schneider

Bankbetriebswirt / European Financial Advisor
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